ChatGPT – Möglichkeiten für den Unterricht

ChatGPT – Möglichkeiten für den Unterricht

Anette Igel

ChatGPT ist in aller Munde. Einige verdammen es, da sie befürchten, dass Lernende nicht mehr selbst denken würden, sondern alle schriftlichen Aufgaben nun von einem Chatbot erstellen lassen, andere sehen Potenzial für den Unterricht.

Ich selbst war skeptisch und habe erst einmal abgewartet. Irgendwann wurde ich dann aber auch neugierig und bin inzwischen vom Potenzial überzeugt, auch wenn ich ChatGPT nicht ständig einsetzen würde.
Schauen wir doch zunächst einmal, was ChatGPT eigentlich ist.

Chatbots sind heutzutage allgegenwärtig und können in vielen Bereichen eingesetzt werden, um das Leben einfacher und effizienter zu gestalten. Ein Bereich, in dem Chatbots besonders nützlich sein können, ist die Sprachausbildung. Im Bereich des Deutsch als Fremdsprache (DAF) kann die Verwendung von Chatbots dazu beitragen, das Lernen der Sprache für die Lernenden einfacher und angenehmer zu gestalten. In diesem Artikel werden wir uns mit dem Einsatz von ChatGPT für DAF Lehrer_innen befassen und wie diese Technologie den Sprachunterricht verbessern kann. ChatGPT ist eine fortschrittliche Form der Chatbot-Technologie, die auf der GPT-3.5-Architektur von OpenAI basiert. Es handelt sich um einen KI-Chatbot, der menschenähnliche Konversationen führen und auf komplexe Fragen antworten kann. ChatGPT ist eine leistungsstarke Technologie, die es Leher_innen ermöglicht, personalisierten Sprachunterricht zu bieten, der auf die individuellen Bedürfnisse ihrere Schüler_innen zugeschnitten ist.

Soweit so gut, es klingt auf jeden Fall recht überzeugend. Welchen Vorteil kann ein Chatbot denn für mich in der Unterrichtsplanung haben?

Der Einsatz von ChatGPT bei der Unterrichtsplanung kann verschiedene Vorteile bieten:

  1. Personalisierung: ChatGPT kann auf die Bedürfnisse und das Niveau der Schülerinnen und Schüler eingehen und somit den Unterricht individualisieren.
  2. Interaktives Lernen: ChatGPT kann interaktive Lernaktivitäten und Quizfragen erstellen, um das Lernen zu fördern und die Schülerinnen und Schüler aktiv einzubeziehen.
  3. Kreative Ideen: ChatGPT kann bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien wie Präsentationen, Übungen und Arbeitsblättern helfen und somit neue kreative Ideen liefern.
  4. Zeitersparnis: ChatGPT kann bei der Automatisierung von Aufgaben wie der Bewertung von Aufgaben und der Erstellung von Feedback helfen und somit Zeit sparen.
  5. Mehrsprachigkeit: ChatGPT kann in verschiedenen Sprachen arbeiten und somit Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Ländern und Kulturen unterstützen.
    Flexibilität: ChatGPT kann jederzeit und von jedem Ort aus eingesetzt werden und somit den Unterrichtsablauf flexibler gestalten.

Aber ist tatsächlich alles nur eitel Sonnenschein oder gibt es auch eine Kehrseite der Medaille?

Obwohl der Einsatz von ChatGPT bei der Unterrichtsplanung viele Vorteile bietet, gibt es auch einige Nachteile:

  1. Fehleranfälligkeit: ChatGPT basiert auf einer künstlichen Intelligenz und kann somit fehlerhaft arbeiten, wenn die Datenbasis oder die Programmierung nicht korrekt sind. Dadurch können ungenaue Antworten oder unpassende Lerninhalte entstehen.
  2. Mangelnde Empathie: ChatGPTist nicht in der Lage, auf menschliche Emotionen oder individuelle Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Dadurch kann es schwierig sein, den Lernbedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden.
  3. Einschränkung der Kreativität: ChatGPT kann zwar bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien helfen, kann aber die Kreativität und Originalität eines menschlichen Lehrers nicht ersetzen. Dadurch kann der Unterricht möglicherweise weniger ansprechend und interessant sein.
  4. Abhängigkeit von Technologie: Der Einsatz von ChatGPT erfordert eine ständige Verfügbarkeit von Technologie und eine hohe technische Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, kann es schwierig sein, den Unterricht erfolgreich mit ChatGPT zu planen und durchzuführen.
  5. Datenschutzbedenken: Der Einsatz von ChatGPT erfordert die Speicherung von Schülerdaten, was zu Datenschutzbedenken führen kann. Lehrerinnen und Lehrer müssen sicherstellen, dass alle Schülerdaten sicher und angemessen geschützt werden.

Im Folgenden möchte ich ein sehr einfaches Beispiel für eine Unterrichtsplanung zum Thema Märchen vorstellen. Die Vorgaben, die ich dem ChatGPT zur Verfügung gestellt habe, waren sehr vage und ohne Zielsetzung: Unterrichtsplanung zum Thema Märchen DAF Lerner_innen Niveau A2
Und dies ist die Planung, die mir gegeben wurde:

Thema: Märchen
Niveau: A2

Ziele:

  • Wortschatzerweiterung durch Märchen
  • Verstehen und Erzählen von Märchen
  • Verstehen von kulturellen Unterschieden in Märchen
  • Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten durch Diskussion und Interpretation von Märchen

Unterrichtsplan:

  1. Einstieg (15 Minuten) Die Lehrkraft stellt den Lernenden die Frage: "Was ist euer Lieblingsmärchen und warum?" Die Lernenden sprechen über ihre Erfahrungen mit Märchen und diskutieren, welche Aspekte von Märchen sie mögen
  2. Wortschatzerweiterung (20 Minuten) Die Lernenden lernen neue Vokabeln, die in Märchen vorkommen, wie zum Beispiel Hexe, Prinzessin, Drache und Zauberer. Die Lehrkraft erklärt die Bedeutung der Wörter und die Lernenden wiederholen sie laut.
  3. Märchen lesen (30 Minuten) Die Lernenden lesen gemeinsam ein Märchen, zum Beispiel "Rotkäppchen". Die Lehrkraft erklärt schwierige Wörter und stellt Fragen, um sicherzustellen, dass die Lernenden das Märchen verstanden haben.
  4. Diskussion (30 Minuten) Die Lernenden diskutieren in Gruppen über das gelesene Märchen. Sie können zum Beispiel darüber sprechen, welche Charaktere sie mögen oder nicht mögen, welche Szenen sie besonders interessant finden und was die Moral des Märchens ist.
  5. Kulturelle Unterschiede in Märchen (20 Minuten) Die Lehrkraft erklärt den Lernenden, dass Märchen in verschiedenen Ländern unterschiedlich sind und dass jede Kultur ihre eigenen Märchen hat. Die Lernenden hören sich eine Geschichte aus einem anderen Land an und sprechen darüber, was ihnen daran gefällt und was anders ist als in den Märchen, die sie kennen.
    Hausaufgaben (5 Minuten) Die Lernenden werden gebeten, ein kurzes Märchen aus ihrer Kultur zu finden und es für die nächste Unterrichtsstunde vorzubereiten

Zusammenfassung: Die Unterrichtsstunde zum Thema "Märchen" für A2-Lernende
umfasst das Lesen und Verstehen von Märchen, die Erweiterung des Vokabulars und die Diskussion über kulturelle Unterschiede. Die Lernenden haben auch die Möglichkeit, ihre eigenen Märchen beizutragen und ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern

Auch wenn diese Planung recht grob und relativ lehrkraftzentriert ist, so gibt sie eine recht logische Struktur und einen Rahmen vor, innerhalb dessen man die eigene Kreativität ausleben kann.

Ich kann mir allerdings auch gleich das passende Material erstellen lassen:
Schreibe das Märchen "Schneewittchen" für eine Gruppe DAF Lerner_innen auf A2 Niveau. Unterstreiche dabei Wörter, die als schwierig eingestuft werden können und erstelle ein Glossar.

Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin namens Schneewittchen. Ihre Mutter, die Königin, war sehr eitel und fragte oft ihren Spiegel, wer die Schönste im ganzen Land sei. Eines Tages antwortete der Spiegel, dass Schneewittchen schöner als sie sei, was die Königin sehr wütend machte.

***

Die Königin beauftragte daraufhin einen Jäger, Schneewittchen in den Wald zu bringen und sie zu töten. Der Jäger konnte dies jedoch nicht übers Herz bringen und sagte Schneewittchen, dass sie fliehen sollte und sich im Wald verstecken sollte.

Schneewittchen lief in den Wald und fand eine kleine Hütte, in der sie sieben Zwerge traf. Sie blieb bei ihnen und half ihnen im Haushalt. Die Zwerge waren sehr nett zu Schneewittchen und kümmerten sich gut um sie.

Die Königin fand jedoch heraus, dass Schneewittchen noch am Leben war und beschloss, sie selbst zu töten. Sie verkleidete sich als alte Frau und brachte Schneewittchen einen vergifteten Apfel. Als Schneewittchen den Apfel aß, fiel sie in einen tiefen Schlaf.

Die Zwerge dachten, dass Schneewittchen tot war und legten sie in einen gläsernen Sarg. Eines Tages kam ein Prinz vorbei und sah Schneewittchen im Sarg liegen. Er war so verzaubert von ihrer Schönheit, dass er den Sarg mitnahm. Unterwegs stolperte der Prinz und der vergiftete Apfel fiel aus Schneewittchens Mund. Sie erwachte aus ihrem Schlaf.

Der Prinz und Schneewittchen verliebten sich ineinander und lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Glossar:

  • Prinzessin (die): ein weibliches Mitglied der Königsfamilie
  • Königin (die): die Frau eines Königs
  • Spiegel (der): ein Gegenstand, in dem man sein eigenes Spiegelbild sehen kann
  • eitel: wenn man sehr auf sein Aussehen achtet und es anderen zeigen will
  • Jäger (der): eine Person, die Tiere jagt
  • Wald (der): ein Gebiet mit vielen Bäumen und Pflanzen
  • verstecken: sich irgendwo verbergen, um nicht gefunden zu werden
  • Zwerge (die): kleine, menschenähnliche Wesen, die oft in Märchen vorkommen
  • vergiftet: etwas, das Gift enthält
  • Apfel (der): eine runde, rote oder grüne Frucht, die man essen kann
  • Schlaf (der): ein Zustand, in dem man ruht und nicht wach ist
  • Sarg (der): ein Kasten, in den man Tote legt
  • verzaubert: wenn man von etwas so sehr fasziniert ist, dass man alles andere vergisst
  • ineinander verlieben: wenn zwei Menschen sich gegenseitig sehr mögen 

***

Das Unterstreichen der Wörter im Text hat zwar nicht geklappt, aber ein Glossar wurde kreiert. Zudem kann ich einfache Aktivitäten erstellen lassen, wie:
Schreibe 5 Verständnisfragen zu dem Märchen.

***

  1. Was war der Grund dafür, dass die Königin Schneewittchen töten lassen wollte?
  2. Was tat der Jäger, als er den Befehl bekam, Schneewittchen zu töten?
  3. Wo fand Schneewittchen Unterschlupf, nachdem sie vor der Königin geflohen war?
  4. Wie gelang es der Königin, Schneewittchen in den gläsernen Sarg zu legen?
  5. Was passierte, als der Prinz Schneewittchen im Sarg fand?

***

Auch einen Lückentext mit den Worten aus dem Glossar kann mit ChatGPT kreiert werden, es wird sogar automatisch die Lösung hinzugefügt.

Fazit:
Braucht man ChatGPT? Nicht unbedingt, aber es kann die Planung vereinfachen, zudem kann man recht schnell eine Variation an Unterrichtsinhalten und -ideen kreieren. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich die Zeit zu nehmen und es auszuprobieren, denn verschwinden werden Chatbots nicht mehr.

Übrigens ist alles in kursiv vom Chatbot (https://chat.openai.com) geschrieben worden.

Anette arbeitet seit 2003 als Lehrerin für Englisch und Deutsch. Nach 13 Jahren Leben und Arbeit in Brünn, ist sie seit 2017 in Hamburg. Sie arbeitet als Fortbildnerin, Englisch- und DAZ-Lehrerin, Inklusionsfachfrau und IHworld Deutsch Koordinatorin. Außerdem sieht sie sich selbst als lebenslange Lernerin.