Drill? – Wir sind doch nicht beim Militär!
by Anette Igel
Drill scheint im DAF-Unterricht verpönt zu sein. Für viele trägt das Wort allein schon viele negative Assoziationen, entweder tatsächlich mit der Vorstellung wir drillen unsere LernerInnen wie Soldaten, oder aber mit eigenen Erfahrungen aus dem Fremdsprachenunterricht in der Schule. Der Begriff wird oft auch noch in Zusammenhang mit der „Schwarzen Pädagogik“ gesehen, ein Begriff der von Alice Miller in ihrem Buch „Am Anfang war Erziehung“ eingeführt wurde (1). Demnach bedeutete Drill das starre Einüben von Fertigkeiten und Fähigkeiten, ohne diese zu hinterfragen, oft in Kombination mit Repressalien.
Dass dies heute mit Drill als einer Unterrichtsmethode von vielen nicht mehr gemeint sein kann/muss, muss sich erst noch in den Köpfen vieler LehrerInnen festsetzen.
Das Problem liegt allerdings auch daran, dass in vielen Kursbüchern immer noch starre und nicht gerade inspirierende Formen von Drillübungen speziell für das Einüben von Grammatik vorgegeben werden. D.h die Modelle, die LehrerInnen gezeigt bekommen, sind oftmals immer noch lehrerInnenzentriert und vergessen, die Lernenden als den zentralen Punkt des Unterrichts zu sehen.
In der Literatur finden sich im wesentlichen Referenzen zu „pattern drill“ , das Einüben von grammatischen Strukturen. Hierbei werden vom Lehrenden die Strukturen vorgegeben und von den LernerInnen im Chor wiederholt. Diese Methode wurde im wesentlichen durch die Audio-Lingualisten eingeführt (1). In einem geschlossenen Kontext, in dem nur eine Struktur geübt wird, scheinen die Ergebnisse positiv zu sein, allerdings scheint der Transfer zur freien Produktion nicht so einfach, da es sich um dekontextualisiertes und isoliertes Drillen handelt. Darüberhinaus wird es von Brown (2) als eine Übungsfom beschrieben, in der enweder die ganze Klasse oder nur individuell gedrillt wird, was einem eher lehrerInnenzentrierten Ansatz entspricht, und dadurch oft langweilig und letztendlich kontraproduktiv sein kann.
Dabei hat diese Methode das eigentlich nicht verdient. In variierter Form und mit einem lernerInnenzentrierten Ansatz hilft das Drillen speziell bei der Arbeit an Aussprache aber auch bei der Einübung von grammatischen Strukturen, oder festen Phrasen im Alltagsdeutsch.
Man sollte dabei im Blick behalten, wann man Drill einsetzt, was das Ziel der Drillübung ist, welche Form die geeigneteste und wie lang die Übung sein kann, bevor sie langweilig und damit kontraproduktiv wird.
Im folgenden ein paar Ideen für verschiedene Drillübungen, die entweder in sich selbst schon, oder durch leichte Modifizierungen, lernerInnenzentriert sind oder sein können.
1. Mingle Drill
Beispiel: Jede/r LernerIn bekommt auf einem Zettel einen kurzen Satz , z.B. „Ich wohne in Hamburg.“ , „Ich habe eine Schwester.“ etc., oder einen Zungenbrecher, oder eine feste Phrase, etc. Die LernerInnen müssen möglichst vielen LernerInnen ihren Satz sagen.
Anwendung und Variationen:
Diese Form des Drills ist lernerInnen zentriert in ihrem Aufbau und eignet sich speziell für feste Phrasen oder kurze Dialogformen. Die Aufgabe desLehrers/der LehrerIn besteht hier, die LernerInnen zu unterstützen und evt. bei der Aussprache zu helfen, oder Fehler für eine spätere Fehlerkorrektur zu sammeln.
1.Nachdem die LernerInnen ihren Satz gesagt haben, tauschen sie die Sätze.
2. Man sucht die zweite Hälfte seines Satzes, und muss mit seinem/r PartnerIn gemeinsam den kompletten Satz ohne Fehler sagen.Diese Übung eignet sich auch sehr gut für Zungenbrechern.
2. Stiller Drill
Hier wird das Wort nicht laut ausgesprochen, sondern die Mund-, Lippen- und Zungenbewegung ausgeführt. Dies hilft, sich genau auf die Bewegungen, die man machen muss, um das Wort zu produzieren, zu konzentrieren.
Anwendung und Variationen:
Dies ist eine Übung, die auch in der Logopädie oft eingesetzt wird. Die Konzentration auf die Mundbewegungen hilft den LernerInnen speziell bei ähnlich klingenden Lauten wie z.B. Ä-E oder I-Ü.
Nach einer offenen Runde können die LernerInnen in Paaren versuchen, gegenseitig Worte vorzugeben und diese tonlos nachzusprechen. Oder ein/e LernerIn sagt das Wort tonlos und der/die Partnerin muss es laut aussprechen.
3. Gegen die Uhr
Hier versucht die gesamte Gruppe in jeder Runde etwas schneller zu sein als in der letzten.
Beispiel: Der/die LehrerIn beginnt einen kurzen Dialog mit dem/der LernerIn links von ihm/ihr
Hallo! Mein Name ist … und wie heißt du? – Mein Name ist … .
Dann dreht sich der/die LernerIn zu der Person links von ihm/ihr und beginnt den gleichen Dialog. Dies wird wiederholt bis der Dialog wieder bei dem/der LehrerIn angekommen ist. Nach einem ersten Versuch, wird dann die Zeit gestoppt, die die gesamte Gruppe braucht, um einmal den Dialog komplett weiterzugeben. De Zeit wird an die Tafel geschrieben, und die Gruppe muss dann versuchen in einem zweiten Versuch, diese Zeit zu schlagen. Ein weiterer Versuch kann am Ende der Stunde sein, oder auch am Anfang der nächsten Stunde.
Anwendung und Variation:
Speziell für jüngere LernerInnen ist der wettbewerbscharakter dieser Aktivität ein guter Ansporn. Dadurch, dass sie gemeinsam versuchen, schneller zu werden, ist hier eine gute Möglichkeit, sie dazu zu bringen, sich gegenseitig zu helfen und zu korrigieren. Falls die Gruppe zu groß ist, können auch kleinere Untergruppen gebildet werden.
4. Murmel Drill
Dies ist eine Form des Dills, die man schon bei Babys hören kann.
Anstatt die Worte zu wiederholen, wird der Rhythmus und die Intonation imitiert. Beispiel:
LehrerIn: Wie komme ich zum Wochenmarkt?
LernerInnen: Hm hmhm hm hm hmhmhm?
Anwendung und Variation:
Dies ist eine gute Übung um die Betonung im Satz oder aber auch in mehrsilbigen Wörtern zu üben. Um eine mehr lernerInnenzentrierten Ansatz zu kreieren, können die LernerInnen aus einer Gruppe von Sätzen oder Wörtern eines auswählen, das sie dann entweder einem Partner oder in einer Kleingruppe „murmeln“, und die anderen LernerInnen müssen sagen, welcher der Sätze oder welches Wort gemurmelt wurde.
5. Der verschwindende Satz
Bei längeren und komplexen Satzgefügen kann diese Form des Drills hilfreich sein. Man schreibt einen Beispielsatz, der die zu übende Struktur beinhaltet, an die Tafel. Dieser Satz wird von allen LernerInnen gemeinsam vorgelesen. Dann löscht man ein Wort aus, und der Satz muss immer noch in seiner Gesamtheit vorgelesen werden. Stück für Stück werden mehr und mehr Wörter ausgewischt, aber immer muss der komplette Satz gesagt werden.
Anwendung und Variation:
Hierbei wird der Satzbau von komplexen Satzstrukturen geübt, gleichzeitig wird auch aufgezeigt wie unterschiedlich die Bedeutung von den einzelnen Wörtern im Satz ist, da es einen Unterschied macht zunächst Füllwörter oder sinntragende Wörter auszuwischen. Die gleiche Übung kann auch in Paaren oder Kleingruppen durchgeführt werden, wenn man die Sätze anstatt an die Tafel auf Mini-Whiteboards schreiben lässt.
6. Rückwärtsdrill
Speziell geeignet für wunderschöne, lange, deutsche Wörter, oder kurze Sätze.
LehrerIn: -le
LernerInnen: -le
LehrerIn: -trolle
LernerInnen: -trolle
LehrerIn: -kontrolle
LernerInen: -kontrolle
LehrerIn: -tätskontrolle
LernerInnen: -tätskontrolle
LehrerIn: -litätskontrolle
LernerInnen: -litätskontrolle
LehrerIn: Qualitätskontrolle
LernerInnen: Qualitätskontrolle
LehrerIn : die Qualitätskontrolle
LernerInnen: die Qualitätskontrolle
Anwendung und Variationen:
Neben mehrsilbigen Wörtern, können durch den gleichen Aufbau Satzgefüge geübt werden. Dabei sollte man allerdings daruf achten diese sinnegmäß einzuüben.
Author’s Bio: Anette arbeitet seit 2003 als Lehrerin für Englisch und Deutsch für ILC IH Brno. Als persönlichen Schwerpunkt sieht sie dabei für sich den Unterricht von Kindern und Jugendlichen. Sie ist eine der Trainerinnen für den IHCYLT Kurs, und außerdem die IHWO Koordinatorin für Deutsch.
Bibliografie: (1)Miller A. (1980) Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, (2)http://www.texttexturen.de/arbeiten/daf_methodiken/seite5.php (3)Brown H.D. (2007) Teaching by principles, 3. Edition, Pearson Longman |